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ich breite einsam beide Arme aus,
und keiner sagt mir, wo ich hingehöre.
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aus Rilke: "Mir ist, als ob ich alles Licht verlöre"

Donnerstag, 20. September 2012

An die Frau Prinzessin Madeleine von Broglie


An die Frau Prinzessin M von B

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Wir sind ja. Doch kaum anders als den Lämmern
gehn uns die Tage hin mit Flucht und Schein;
auch uns verlangt, sooft die Wiesen dämmern,
zurückzugehn. Doch treibt uns keiner ein.

Wir bleiben draußen Tag und Nacht und Tag.
Die Sonne tut uns wohl, uns schreckt der Regen;
wir dürfen aufstehn und uns niederlegen
und etwas mutig sein und etwas zag.

Nur manchmal, während wir so schmerzhaft reifen,
daß wir an diesem beinah sterben, dann:
formt sich aus allem, was wir nicht begreifen,
ein Angesicht und sieht uns strahlend an.


Aus Rainer Maria Rilke: Gedichte 1906 bis 1926 Vollendetes

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