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ich breite einsam beide Arme aus,
und keiner sagt mir, wo ich hingehöre.
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aus Rilke: "Mir ist, als ob ich alles Licht verlöre"

Samstag, 24. Dezember 2011

Siehe die Blumen


XIV. Sonnet

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Siehe die Blumen, diese dem Irdischen treuen,
denen wir Schicksal vom Rande des Schicksals leihn, -
aber wer weiß es! Wenn sie ihr Welken bereuen,
ist es an uns, ihre Reue zu sein.

Alles will schweben. Da gehn wir umher wie Beschwerer,
legen auf alles uns selbst, vom Gewichte entzückt;
o was sind wir den Dingen für zehrende Lehrer,
weil ihnen ewige Kindheit glückt.

Nähme sie einer ins innige Schlafen und schliefe
tief mit den Dingen -: o wie käme er leicht,
anders zum anderen Tag, aus der gemeinsamen Tiefe.

Oder er bliebe vielleicht; und sie blühten und priesen
ihn, den Bekehrten, der nun den Ihrigen gleicht,
allen den stillen Geschwistern im Winde der Wiesen.

Aus Rainer Maria Rilke: Die Sonette an Orpheus, Zweiter Teil

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